Was soll ich tun?

Immanuel Kant und die Imperative

In der Diskussion, was zu tun ist, wie Ethik und Moral beschaffen sind und wie man das Gute bestimmen kann, setzte Immanuel Kant einen Meilenstein, der sie auch heute noch stark beeinflusst.
Sein berühmter kategorischer Imperativ „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz würde.“ (Kant, S. 68) ist den Meisten schon einmal begegnet, doch so bedeutend das Wirken Kants ist, so unverständlich bleibt es zumeist.
Was also bedeutet dieser unhandliche Satz, der zum guten Handeln anleiten soll?
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Der Atomismus – scheinbar modernes

Die Lehre von Atomen erscheint zumeist als eine moderne naturwissenschaftliche Sicht auf unsere Welt. Unbestritten haben Naturwissenschaftler gerade in den letzten Jahrzehnten das Atom eingehend untersucht und so manche verblüffende Erkenntnis zu Tage gefördert, aber bereits im alten Griechenland wurde sich mit der Lehre von Atomen beschäftigt. Als wichtigster Vertreter gilt hierbei gemeinhin Demokrit aus Abdera (ca. 460 – ca. 370 v. Chr.).
Demokrit vertrat die Auffassung, dass zwei Prinzipien allem vorherrschend sind: zum einen das des Seienden, zum anderen das des Nichtseienden. In den Bereich des Seienden fallen die Atome als kleinste Einheiten, die nach Demokrit nicht teilbar sind, sich aber durch ihre Form, Lage und Anordnung voneinander unterscheiden. Atome, so nahm er an, befänden sich in einer unerklärlichen aber stetigen Bewegung, die dazu führt, dass sie sich verkanten und somit größere Einheiten bilden.
Mit diesen Ansichten liegt Demokrit nicht besonders weit entfernt von der allgemeinen Auffassung von Atomen, in anderen dafür um so mehr. So war Demokrit beispielsweise der Auffassung, dass die Atome eines Gegenstandes ein materielles Bild absondern, dass in das Auge des Betrachters materiell eintritt.
Selbstredend hat Demokrit die naturwissenschaftliche Forschung durch sein Denken nicht obsolet gemacht, dennoch wirkt es beeindruckend, in welcher Tiefe Demokrit allein durch Denken und Folgern die Struktur der seienden Dinge erfasste, ohne die technische Möglichkeit eines empirischen Beweises.

siehe hierzu auch: Ricken, Friedo: Philosophie der Antike. 3. Auflage. Stuttgart: Kohlhammer (2000) S. 56-59

Der Philosoph in Einsamkeit

Der Philosoph kann sich in seiner Einsamkeit immer darauf verlassen,
daß seine Gedanken ihm Gesellschaft leisten werden.

Arendt, Hannah: Vita activa. oder vom tätigen Leben. 5. Auflage. München: Piper Verlag. (2007) S. 93

Gefangen im Kreislauf der Geschichte

Machiavelli geht von einem ewigen Kreislauf der Geschichte aus. Staaten bewegen sich beständig von der Ordnung zur Unordnung und hiernach wieder zur Ordnung. Dies liegt zum Einen in der menschlichen Natur insofern, als dass der Mensch ebenso egoman wie auch ein gemeinschaftliches Dasein führen kann (die Egomanie tritt hier als Feind des gemeinschaftlichen Daseins auf und umgekehrt). Zum Anderen ist es in dem Umstand begründet, dass in menschlichen Dingen scheinbar niemals ein Stillstand eintreten kann. Jeder Aufstieg zu einer vollkommen organisierten Gesellschaft endet zwangsläufig mit ihrer Degeneration und, da sich der Stillstand verbietet, endet die Degeneration wieder in einem erneuten Aufstieg zu einer (nahezu) vollkommenen Gesellschaft.
Das Wechselspiel von Egomanie und dem Vermögen zum gemeinsamen Leben führen also immer wieder zu einem Zyklus der Geschichte der beständig zwischen Ordnung und Unordnung wechselt und keine Möglichkeit zum Entrinnen bietet.
Folgt man Machiavelli in dieser Auffassung, so stellt sich unwillkürlich die Frage, in welcher Phase wir uns heute wohl befinden mögen.

nach Kersting, Wolfgang: Niccolò Machiavelli. 2. Auflage. München: C.H. Beck (1998) S. 62f.

Was normal ist, das sehen wir meist auch als das Natürliche an. Die Abweichung hiervon ist abnormal. Wir sehen das als natürlich an, was uns in der Mehrzahl der Fälle begegnet, von dem wir die Erfahrung gemacht haben, dass dies bei den meisten Menschen so ist. Wo es abweicht, wird auch schon einmal von unnatürlichen oder krankhaften Abweichungen gesprochen, die korrigiert werden sollten. So wird aus der Beobachtung, dass etwas meistens so und so ist, eine normative Vorstellung, dass etwas so und so zu sein hat, weil es in der Natur des Menschen liegt.
Besonders im Bereich des sozialen Verhaltens ist dieser Umkehrschluss nicht unproblematisch. Schön zu sehen am Beispiel des historischen Frauenbildes. Die Frau war dem Manne untergeordnet. Das war die beobachtete Situation durch Jahrhunderte hindurch. Diese Beobachtung wurde dann mit der strikten Regel verbunden, dass sie das natürlicherweise zu sein habe und eine Frau, die dies nicht akzeptieren wollte, wurde im Allgemeinen als Wahnsinnige betrachtet.
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Wozu Philosophie?

Im gerade angebrochenen Jahr der Geisteswissenschaften wird viel über Nutzen und Nutzbarkeit diskutiert und geschrieben, auch über jenen und jene der Philosophie, doch soll hier nicht eine allgemeine oder gesellschaftliche Legitimation der Philosophie im Blickpunkt stehen, sondern die persönliche Motivation und der Sinn, den man aus der eigenen Beschäftigung mit philosophischen Problemen und Fragen zieht.

Das Zitat von Odo Marquard ist sicherlich scharf formuliert, aber auch nicht ganz von der Hand zu weisen: Der sicherste Weg zu Anerkennung und Erfolg ist das entsprechende Studium gewiss nicht, und dem Glück ist allzu tiefe gedankliche Betätigung auf den ersten Blick ebenfalls nicht zuträglich.
Warum also wenden sich seit Menschengedenken immer wieder Denker den quälendsten Fragen zu, arbeiten sich durch Berge bereits aufgetürmten Wissens und stehen zumeist am Ende nur mit neuen Fragen da? Was treibt den Menschen, wenn er ohne die Not einer aktuellen Brisanz nach Problemen sucht, um sich über diese den Kopf zu zerbrechen?
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Wenn Du in Übereinstimmung mit der Natur lebst,
wirst Du niemals arm sein:
wenn du nach den üblichen Meinungen lebst,
wirst Du niemals reich sein.

(Sen. ep. 16, 7 = 201 Us.)

Epikur. Wege zum Glück. Hrsg. und übersetzt von Rainer Nickel. Düsseldorf: Artemis & Winkler Verlag 2003. Fragmenta (20). (=Sammlung Tusculum)

Über wahren Altruismus ist viel gesagt und geschrieben worden, ohne dass sich eine Möglichkeit offenbart hätte zu beweisen, dass eine bestimmte Handlung zweifelsfrei ohne eigennützige Motive ausgeführt worden sei. Wenn ich mich durch eine gute Tat besser fühle, etwa weil ich mich als großzügig, hilfsbereit oder mutig erlebt habe, steht meine Selbstlosigkeit bereits in Frage: Was mein Glück befördert, geschieht insofern nie nur um seiner selbst Willen, als ich letztlich davon profitiere.

Freundschaften und Bekanntschaften erlebt man dennoch zumeist als uneigennützig, sofern sie nicht eingestandenermaßen eine Seilschaft mit einem bestimmten Ziel oder ein reines Zweckbündnis gegen die Einsamkeit sind. Selten kommt man in die Verlegenheit, zu begründen, warum man mit jemandem befreundet ist und wenn doch, so gelten Gemeinsamkeiten und zuweilen auch Unterschiede als Argumente für die empfundene Verbindung.

Es erscheint daher geradezu zynisch, wenn Arthur Schnitzler in seinem Aphorismus über die Nebenmenschen schreibt, wie seien „in jedem Fall dazu verdammt, unsere Nebenmenschen auszunützen.“
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Zeitvertreib

Zeitvertreib an sich ist ein merkwürdiges Wort. Während Mussestunden auf Entspannung oder Kontemplation verweisen, verweist der Begriff des Zeitvertreibs auf eine Tätigkeit deren einziger Sinn und Zweck es ist dafür zu sorgen, dass die Zeit vergeht.
Bedenkt man, dass Lebenszeit endlich ist, wird die Tätigkeit des Zeitvertreibs geradezu grotesk, denn was könnte Zeitvertreib anderes bedeuten, als die Abkehr von dem Anspruch seine Lebenszeit auszufüllen. Leben wird zum buchstäblichen Warten auf den Tod und die vermeintlich wertvolle Lebenszeit zu etwas, was möglichst schnell vorüberziehen soll.

Natürlich soll damit keineswegs gemeint sein, man solle danach trachten jede Minute mit möglichst viel Aktivität zu versehen, auch Entspannung und Kontemplation haben wie erwähnt ihren Platz und reichen in ihrem Sinn weit über blanken Zeitvertreib hinaus. Zeitvertreib hingegen trägt nichts zum Leben bei, er trägt es nur ab.
Es bleibt zu hoffen, dass Menschen, die das Wort „Zeitvertreib“ allzu leichtfertig im Munde führen, damit eigentlich etwas anderes meinen als das sinnentleerte Vertreiben von Zeit.

Vom Antrieb aller Menschen

Was ist es, das uns bewegt? Folgt man Aristoteles in der Nikomachischen Ethik im ersten Buch Kapitel 1 und 2, so lernt man, dass alle Menschen stets nach einem Gut streben. Was dieses Gut nun ist, kann individuell ausgefüllt werden; für den Einen mag es das gefüllte Bankkonto sein, für den Nächsten ein harmonisches Familienleben, für einen Anderen wiederum das Streben nach Wissen und für den Vierten ein schmackhaftes Essen. Niemand käme auf die Idee etwas zu erstreben, was für ihn kein Gut ist. Das höchste Gut aber, so führt Aristoteles aus, ist das Glück und so erhoffen sich alle Menschen von den Gütern die sie erstreben das Gefühl des Glücklichseins.
Es scheint, dass Aristoteles an dieser Stelle den kleinsten gemeinsamen Nenner von allen menschlichen Handlungen beschrieben hat und somit das gefunden, was alle Menschen in ihren individuellen Handlungen eint. Auf dieser Ebene kann es keinen Unterschied mehr zwischen ihnen geben.

Findige Menschen werden einwenden, es gäbe Menschen die das Unglück erstreben, sich gar selbst verletzten oder aus dem Leben reißen. Von außen, mit mehr oder minder guten Gründen, mag eine solche Handlung als bewusste Herbeiführung von Unglück erscheinen, der Mensch der sie ausführt sieht allerdings in diesem Unglück das Glück, das er mit seiner Handlung erstrebt.

Aristoteles. Nikomachische Ethik. Buch 1. Kap. 1, 2