Der Begriff der Philosophie wird in vielen Zusammenhängen verwendet, z.B. wenn man von einer Firmenphilosophie spricht, einer Anlagephilosophie oder ähnlichem. Dies rührt sicherlich vor allem daraus, dass sich der Philosophiebegriff selbst einer klaren Definition entzieht, weil er selbst Gegenstand einer andauernden philosophischen Betrachtung ist.
Vor einiger Zeit noch konnte man Plakate des Deutschen Roten Kreuzes finden, die zum Blutspenden aufforderten mit dem Werbespruch: „Philosophen gibt’s überall. Blut nicht.“ Und wenn selbst Karl Popper schreibt, dass alle Menschen Philosophen sind, dann scheinen die Macher des DRK-Plakates im Recht zu sein.
Man mag nun darüber mutmaßen, ob die Texter dieses Werbespruches eine Vorstellung von Philosophie haben, oder nicht. Auffallend ist jedenfalls, dass in der Gesellschaft Philosophie primär als ein wenig „Herumdenken“ (oder schlimmer, als Schwätzerei) wahrgenommen wird. Eine Vorstellung vom präzisen und strengen Methoden unterworfenem Philosophieren ist kaum bei Menschen aufzufinden, die sich nicht ohnehin bereits mit Philosophie beschäftigen. Dieser Umstand, dass Philosophie als Synonym für ein wenig „Herumdenken“ an allen Ecken und Enden benutzt wird ist sicherlich zu einem großen Teil mitverantwortlich dafür, dass in der Gesellschaft nur noch wenig Vorstellung von Philosophie als strenger Wissenschaft besteht.
Natürlich ist eine Forderung danach, den Begriff der Philosophie nur noch im Kontext einer strengen Philosophiedefintion zu verwenden, müßig; dennoch bleibt die Frage, ob man sich unbedingt immer freimütig mit dem Begriff der Philosophie schmücken muss, und auch, ob es wirklich notwendig ist, ein derart negatives Bild von Philosophie und Philosophen aufzubauen, um Menschen zur Blutspende zu bewegen.
Philosophen gibt’s überall? Leider nicht.

Man muss nicht unbedingt die Ebene der Gegenstände, auf die man zeigen kann, verlassen, um festzustellen, dass unsere Sprache nur scheinbar dazu geeignet ist, sich dem Gegenüber verständlich zu machen. Was wir sagen und was wir tatsächlich meinen stimmt nie ganz überein, ganz zu schweigen von der Vorstellung, die sich das Gegenüber davon macht.

Wenn ich etwa den Begriff „Tisch“ verwende, wird jeder eine Vorstellung davon haben, was ich meine. Diese Vorstellungen werden sehr unterschiedlich und individuell sein, doch wird es einen gemeinsamen Nenner geben, der sie alle eint: Die Funktion und damit verbunden eine gewisse Typik der Erscheinung. Heißt das aber, dass der Begriff grundsätzlich für alle nachvollziehbar ist?
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Philosophie und Glaube

Philosophie und Glaube unterscheiden sich grundsätzlich, während die Philosophie die Wahrheit sucht, glaubt der Glaube diese bereits zu kennen. Und während die Meisten diesen Unterschied als trivial und richtig abnicken, ist doch oft zu bemerken, dass philosophische Lektüre durch die Brille des eigenen Glaubens gelesen wird.
Mit Glauben ist hier weniger eine Gottesvorstellung gemeint (der in sich problematische Sonderfall der Religionsphilosophie soll hierbei unberücksichtigt bleiben), als vielmehr die persönlichen Auffassungen über die Beschaffenheit der Welt, die des Menschengeschlechts oder den erstrebenswerten zwischenmenschlichen Umgang, die gültigen Normen und Werte. Häufig ist zu beobachten, dass, wenn eine philosophische Lehre gegen die persönlichen alltäglichen Auffassungen, z.B. vom Menschen als Menschenfreund oder Misantrophen, verstößt, sie nur auf Grund des persönlichen Glaubens, eines eigenen Gefühls verworfen wird, ohne dass man den Text gewähren lässt. Dabei ist eine philosophische Schrift durch Glauben ebensowenig zu widerlegen, wie Glaube durch eine philosophische Schrift ad absurdum geführt werden kann. Philosophie und Glaube bewegen sich schlicht auf verschiedenen Ebenen, die sich gegenseitig nicht in gültiger Weise beeinflussen können, denn Glaubenssätze sind für die Philosophie ebensowenig von Nutzen, wie ein philosophischer Beweis einen Glauben ruinieren muss. Philosophie ist nicht dafür da, uns in unserem Glauben über dies und jenes oder unseren Gefühlen eine Sache betreffend zu bestätigen, sondern sie ist Suche nach der Wahrheit, auch wenn die Wahrheit unseren Auffassungen schmerzlich widersprechen sollte.
Die Philosophie lediglich dazu zu nutzen, sich in seinen Haltungen bestätigen zu lassen und seinem Glauben widersprechende Sachen als Mumpitz zu verwerfen, bedeutet die Philosophie leer werden zu lassen, denn nicht länger wäre sie in diesem Fall eine Begleiterin auf der beschwerlichen Suche nach der Wahrheit, sondern lediglich ein Instrument der bequemen und wahrheitsindifferenten Selbstbestätigung.

An vielen Bauzäunen hängt ein Schild:
Betreten verboten. Eltern haften für ihre Kinder.
Niemand wird darüber lange nachsinnen müssen, denn die Botschaft ist so einleuchtend wie eindeutig: Da Kinder noch nicht die volle Verantwortung für ihr Handeln übernehmen können, etwa weil sie die Folgen ihres Handelns noch nicht einschätzen oder diese nicht erst nehmen, tragen die Eltern die Verantwortung für sie.
Aber wer trägt die Verantwortung für die Eltern?
Juristisch betrachtet haften erwachsene Personen für sich selbst, weil ihnen zuzumuten ist, dass sie sich verantwortungsbewusst verhalten und die Konsequenzen ihres Handelns selbst tragen. Es ist also niemand sonst für sie verantwortlich.
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Das Ich im Vergleich

Dass man Äpfel nicht mit Birnen vergleichen kann ist eine Binsenweisheit.
Vergleichbarkeit wird jedoch allerorten gefordert und nach Möglichkeit hergestellt: Die berühmte PISA-Studie vergleicht unterschiedlichste Schulsysteme, IQ-Tests vergleichen augenscheinlich Intelligenz, durch Schulnoten vergleichen sich Schüler mit ihren Banknachbarn. Das Bedürfnis danach, sich mit anderen zu messen ist das Grundprinzip der meisten Sportarten und das Interesse der Menschen an Magazinen, die Listen der Hundert schönsten, reichsten oder bekanntesten Menschen erstellen scheint ungebrochen.

Die in den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Bereichen so verbreitete Neigung, Vergleiche anzustellen, findet sich bei den meisten Menschen auch im persönlichen Bereich: Man begegnet Menschen und ordnet sie ein. Dieser oder jener ist klüger als man selbst, schöner oder erfolgreichen – andere hält man für dümmer, häßlicher oder weniger erfolgreich.
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Auf den ersten Blick zeichnet sich das Schüler- und Lehrerverhältnis vor allem dadurch aus, dass eine markante Asymmetrie im Wissen den Einen zum Lehrer macht und die Anderen zu Schülern. Jedoch ist die Frage berechtigt, inwiefern es sich hierbei wirklich um eine starre hierarchische Struktur handelt.
Lehrt der Lehrer lediglich und überlässt das Lernen den Schülern? Es wäre sicherlich zu weit gegriffen den Wissensunterschied von Lehrer und Schülern nivellieren zu wollen, da er offensichtlich vorhanden ist und konstitutiv auf die Rolle als Lehrer und Schüler wirkt. Dennoch scheint an dem Ausspruch, dass der Lehrer im Unterricht mindestens so viel lernt wie der Schüler, etwas Wahres zu sein, denn wo immer Menschen zusammentreffen entstehen Möglichkeiten neues Wissen zu erwerben, sei es durch eine fruchtbare Diskussion, beispielsweise in einem philosophischen Seminar zwischen Lehrkörper und Studenten, sei es durch repetieren des eigenen Wissens im Versuch einen Sachverhalt zu erklären (denn erst hier werden Lücken offenbar, wo man zuvor keine vermutet hätte), sei es, dass die soziale Kompetenz im Umgang mit den Schülern geschult wird oder einfach nur der horizonterweiternde Umstand fremde Sichtweisen zu erfahren. Diese Liste könnte sicherlich beliebig verlängert werden, doch diese exemplarischen Beispiele sollen an dieser Stelle genügen.
Freilich kann nur derjenige lernen, der offen dafür ist, dies gilt für Lehrer und Schüler gleichermaßen. Der überhebliche Lehrer wird vermutlich genauso wenig lernen, wie der überhebliche Schüler, der meint, ohnehin bereits alles notwendige über die Welt zu wissen.
Schon Konfuzius sagte, dass überall wo er mit anderen Menschen zusammentraf er seinen Lehrer unter ihnen fand (Lunyu 7.21).
Jedes Zusammentreffen ist eine Chance zum Lernen, so versteckt sie auch sein mag, sie ist vorhanden und wartet nur darauf genutzt zu werden.

Wenn man über vergangene Wochen, Monate oder Jahre zurückblickt, geschieht es wohl allzu oft, dass man die Entscheidungen und Reaktionen vergangener Tage mit Befremdung betrachtet. Man wird vielleicht nicht mehr recht nachvollziehen können, warum man dies oder jenes gesagt oder getan hat und hart mit sich ins Gericht gehen. Manche Entscheidungen mögen aus Angst oder Unsicherheit so getroffen worden seien, bei anderen wird man sich rückblickend wundern, wie man so kurzsichtig sein konnte, so blind gegen die offensichtlichen Folgen, und man wird sich zuweilen wünschen, diese Entscheidung korrigieren zu können, wohl wissend, dass es keinen Weg mehr zurück gibt.
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Die fremde Kultur und die Toleranz

Der Mensch, der sich mit einer ihm fremden Kultur konfrontiert sieht, beginnt zumeist diese an seiner eigenen Kultur zu messen. Dies geschieht in der Regel auf Basis moralischer Wertungen und Ansichten. Finden aus dem Blickpunkt des Betrachters moralisch verwerfliche Handlungen in der fremden Kultur statt, werden diese in den Bereich des Archaischen verbannt, über den die eigene Kultur und man selbst schon lange herausgewachsen ist.
Diese These kann selbstverständlich nur Bestand haben, sofern man objektive Werte annimmt, deren Zugang sich jede Kultur und Gesellschaft erarbeiten kann – diese Ansicht dürfte heute nur noch von den Wenigsten geteilt werden, die Mehrheit hat sich der Toleranz andersartiger Kulturen verschrieben und empfindet die Pluralität von Denk- und Lebensweisen als bereichernd.
Doch wie weit wird diese Toleranz reichen, wenn die betrachtete Kultur gegen die Grundregeln der Kultur des Betrachters verstößt, wenn beispielsweise eine gesamte Familie für das Verbrechen eines einzelnen bestraft und auf Jahre eingesperrt wird? Wird hier die Toleranz nicht erodieren und dem Wunsch weichen, in dieser Kultur eine Veränderung herbeizuführen? Vermögen wir es, uns über unsere tradierte moralische Empfindung zu erheben und der fremden Kultur die Selbstbestimmtheit einzuräumen, die wir selbst verlangen? Gerade in zentralen Fragen scheint das ein kaum bewältigbarer Kraftakt, da man seine moralischen Vorstellungen bereits so weit objektiviert hat, dass man selbst im Bewusstsein um den subjektiven Charakter dieser Ansichten, kaum anders kann, als eine Veränderung zu wünschen. Wie tolerant können wir also wirklich sein, oder bedeutet Toleranz doch lediglich die Akzeptanz von Abweichungen, die die nicht zentralen Punkte unserer Kultur und Moral betreffen?

siehe hierzu auch: Wie brüchig sind unsere Werte?

„Bescheid wissen“ bedeutet Wahrigs Wörterbuch zufolge, Kenntnis haben, sich auskennen.
Um mitzureden braucht man zweifelsfrei gewisse Kenntnisse vom behandelten Thema oder Gegenstand, doch wie sehen diese Kenntnisse aus? Wann darf man sagen, man wisse Bescheid? Und endet das Wissen mit besagtem Bescheid?

Wer als Kind die Sendung mit der Maus gesehen hat oder später die entsprechenden Sendungen für Erwachsene, der weiß, wie die Löcher in den Käse und die Wurst in die Pelle kommen.
Wer regelmäßig die Tagesschau verfolgt und womöglich zusätzlich eine Zeitung liest, weiß über das Geschehen in der Welt, über die wichtigsten Ereignisse in Politik und Wirtschaft Bescheid.
Ein großer und stetig wachsender Teil der meisten Buchhandlungen ist mit so genannten Ratgebern gefüllt und auch diese Idee erscheint einleuchtend: Experten schreiben Bücher über das Thema, mit welchem sie sich bestens auskennen und machen aus den Lesenden Laien gleichfalls Experten, oder doch zumindest Menschen, die darüber Bescheid wissen.
Bei Dunkelraum wird vielleicht mancher denken, dass wir, die wir die Artikel schreiben, gegebenenfalls auf Fragen eingehen und mit Besuchern diskutieren, gewissermaßen Experten sind, die ihr Wissen vermitteln.

Aber sind wir Experten?
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Die Einsamkeit im Philosophen

Das Zitat von Hannah Arendt hat wohl nicht von ungefähr einige Missverständnisse nach sich gezogen; Tatsächlich unterstellt sie nicht jedem Philosophen Einsamkeit, wie manche es zunächst aufgefasst haben. Im Raum stand vielleicht die verbreitet Einschätzung, dass die Einsamkeit gleichsam zum Philosophen gehört. Aber ist dem tatsächlich so? Und falls ja, warum?
Ist Einsamkeit eine Bedingung für das Philosophieren?
Macht Philosophie einsam?
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