Nicht nur die Philosophie, sondern auch die Religionen müssen sich mit dem Problem der menschlichen Freiheit auseinandersetzen. Den Grund hierfür mag man als empirische Notwendigkeit ansehen: Wenn der Mensch von einem guten Gott geschaffen wurde warum ist er dann nicht nur zum Guten sondern auch zum Bösen fähig, wie es offenbar der Fall ist? Wie kommt es, dass die Geschöpfe Gottes sich gegen ihn wenden können?
In der griechischen Mythologie fällt die Rolle des Befreiers dem Titanen Prometheus zu, der den Göttern das Feuer stiehlt, um es den Menschen zu bringen und sie in dessen Handhabung zu unterweisen. Der Lichtbringer hilft den Menschen, sich gegen die Götter zu emanzipieren und wird zur Strafe von Göttervater Zeus an die Felsen des Kaukasus gebunden.
Dem christlichen Schöpfungsmythos zufolge ist es die Schlange, die Eva dazu verführt, vom Baum der Erkenntnis zu essen. Adam folgt ihrem Beispiel und so können beide zwischen Gut und Böse unterscheiden, wie es zuvor nur Gott allein konnte. Sie sind mit dieser Fähigkeit in der Lage, selbst eine Wahl zu treffen. Zur Strafe – und um zu verhindern, dass sie zudem noch vom Baum des Lebens essen und unsterblich werden verbannt Gott sie aus dem Paradies.
Von der zutiefst sexistischen Ausrichtung beider Befreiungsmythen (Die Strafe des Zeus für die Menschen ist die Erfindung der Frau, die alle Übel in die Welt bringt, nach christlichem Verständnis ist die Frau die Quelle der Sünde) einmal abgesehen, offenbart sich in beiden Fällen ein logischer Bruch, denn sowohl der christliche Gott als auch Zeus müssen bereits gewusst haben, wie die Geschichte ausgehen würde: Wie hätte der allwissende, christliche Gott den Sündenfall nicht antizipieren können? Auch Zeus weiß den Überlieferungen zufolge recht genau um die Folgen seines Disputes mit Prometheus um die Menschen.
Wenn aber Schöpfer und Gott gewusst haben, dass es zu Sündenfall bzw. Feuerraub kommen würde und es nicht verhindert haben, so kommt man nicht umhin, sie als Urheber der menschlichen Freiheit anzusehen. Ob nun perfider Trick oder selbstloses Geschenk: Die Götter haben die Menschen von sich selbst befreit und ihnen die Möglichkeit gegeben, sich für oder gegen sie zu entscheiden. Der Preis dafür, der Verlust der tierhaften, paradiesischen Existenz ohne Selbsterkenntnis, mag hoch sein ist aber notwendige Bedingung des Menschseins.
Man könnte sich natürlich fragen, wie die Schlange überhaupt ins Paradies kommt, wenn doch im Paradies alles so paradiesisch ist. Oder sich wundern, wie es möglich ist, das eine Entscheidung (zum Übertreten des göttlichen Gebotes) gefällt wird, bevor eben diese (freie?) Handlung erst die Freiheit zur Entscheidung zur Folge hat. Und warum es überhaupt Ge- und Verbote gibt, wenn kein Bewusstsein von "gut" und "böse"
oder "Entscheidungsalternativen" besteht.
Solche "logischen Brüche" sind massenhaft vorhanden in diesen Glaubens- Kontexten. Dient ihr Benennen zur sinnvollen Kritik (angenommen man möchte kritisieren)?
Ist diese Art von Unstimmigkeit ein Kriterium für die Beurteilung dieser "Geschichte"? Irgendwie empfinde ich so manche christlichen Erklärungs- und Darstellungsreden als vereinnahmend, der Argumentation nicht zugänglich, weil sich angeblich nicht auf dieser Ebene absspielend, auf der anderen Seite wird man selbst in Ablehnung dieser Gedanken von ihnen noch aufgenommen- in dem Sinne, dass selbst die Entscheidung gegen die Götter oder Gott noch eben diesem selbst zu verdanken sei.
Und dann wiederum – was kann denn das Christentum dafür, dass hier keiner weiss, was das alles soll 🙂 ? Sind Orientierungsversuche in dieser Form nicht irgendwie auch – sinnvoll?
Die Variante des selbstlosen Geschenkes der menschlichen Freiheit läuft dann doch irgendwie auf die "beste alle möglichen Welten" hinaus, oder? Was ist mit der anderen, was könnte ich mir unter einem "perfiden Trick" vorstellen?
Was sagt die Philosophie zum "Glauben"? Wie tritt sie ihr gegenüber? (schon klar, dass es DIE Philosophie nicht "gibt"- aber zB als universitäre Disziplin oder so- das kann man doch nicht so stehen lassen … ;-))
Herzliche Grüße,
Lotte mit den vielen Fragen, die ihr Passwort grade nicht dabei hat
…ach..und interessant ist auch, dass Du Prometheus als "Lichtbringer" bezeichnest…das wußte ich echt nicht. Bringer der Morgenröte :o) "Luzifer", das ist doch auch der Lichtbringer…
Zunächst scheint es mir wichtig festzustellen, dass man über Mythen und Glaubensfragen nicht sprechen kann, wie über philosophische Konzepte: Während in der Philosophie ein logischer Bruch oder eine unklarer oder gar unzulässiger Schluss zur Kritik einladen, kann man im christlich-religiösen Denken nicht argumentativ vorgehen: Glaubenssätze und Dogmen stellen hier eine unerschütterliche Grundlage dar. Wer glaubt, akzeptiert die Dogmen. Interpretation und Auslegung solcher "Unklarheiten" haben allerdings in der abendländischen Kulturgeschichte eine lange Tradition.
Sinnvoll sind Mythen insofern, als sie eine chaotische und mitunter bedrohliche Welt erklären und darin einen Sinn stiften. Psychologisch gesehen ist es wohl leichter zu ertragen, dass ein zürnender Gott die Erde beben lässt, als einer sinnlosen Naturgewalt ohnmächtig ausgesetzt zu sein.
Der Gott ist unter Umständen zu besänftigen, etwa durch Opfer , Gebete usw.), die Naturgewalt bleibt ein unbeeinflussbares Damoklesschwert.
Das Phänomen des Glaubens psychologisch oder soziologisch erschöpfend erklären zu wollen ist jedoch sicher zu kurz gegriffen. Letztlich haben wir schon an anderer Stelle darüber diskutiert, dass auch ein aufgeklärtes, wissenschaftliches Weltbild viele lose Enden hat und sicherlich keinen Grund zu Überheblichkeit gegenüber anderer Weltvorstellungen bietet.
Ob nun der Sündenfall als Geschenk oder Perfidie aufzufassen ist, hängt wohl davon ab, worauf man das Hauptaugenmerk lenkt: Freiheit oder Übel. Beides ist gleichzeitig über die Menschen gekommen.
Nimmt man einen gütigen Gott an, so könnte man schließen, dass das Böse nichts weiter ist, als die Abwesenheit des Guten – und diese zweite Option ist eine notwendige Bedingung der Freiheit, zwischen beidem zu entscheiden – also Grundlage für die Freiheit und unabdingbar.
Andererseits wäre es zumindest vorstellbar, dass ein Schöpfer nicht nur gut ist, sondern in sich bereits das Böse beinhaltet, also die Menschen in die Falle hätte tappen lassen können.
Prometheus wird in den griechischen Texten mitunter als "phosphoros" bezeichnet, was auf deutsch Lichtbringer bedeutet – ebenso wie das lateinische Luzifer. Die Figuren weisen in der Tat gewisse Parallelen auf: So führt im christlichen Mythos der Erzengel Luzifer die abtrünnigen Engel in die Rebellion gegen Gott – Prometheus ist im griechischen Mythos die Schlüsselfigur der Rebellion der Menschen gegen Zeus.
Gleichzeitig hat die Prometheusfigur aber auch etwas Messianisches, opfert er sich doch für die Menschen auf, indem er sich für sie an den Felsen schmieden lässt.
In der Tat ist Prometheus derjenige, der das Feuer raubt und damit der eigentliche Begründer der menschlichen Kultur und Zivilisation. Er ist auf jeden Fall vergleichbar sowohl mit Luzifer, also Satan (als gefallener Engel und Sünder), als auch mit Jesus (Gottessohn und Menschenfreund) – ein, wie ich finde, hoch interessanter Aspekt.
Was die Parallele zur biblischen Schöpfungsgeschichte betrifft, ist aber zudem zu bemerken, dass es auch fundamentale Unterschiede gibt: vor allem bei Nietzsche findet sich die Interpretation des Prometheus als Prototyp desjenigen, der die "active Sünde" begeht im Gegensatz zum passiven biblischen Sündenfallmythos. Bei aller auch hier sexistischen Ausrichtung dieser Ansicht (Eva ist hier diejenige, die den "passiven" Part der Sünde übernimmt) scheint mir doch der zugrundeliegende Gedanke der doppelten (und zum Teil widersprüchlichen) mythologischen Prägung unserer (westlichen/europäischen!) Kultur ein ganz wichtiger zu sein: der Mensch befindet sich dadurch in einem unauflösbaren Widerspruch; der Frevel ist notwendig (für die Freiheit und die Emanzipation des Menschen von den Göttern) und führt zugleich zum Schuldigwerden.
Prometheus ist im Grunde der erste Aufklärer; hier zeigt sich ganz deutlich, dass schon der Mythos aufklärerische Züge enthält (ganz im Sinne einer Dialektik der Aufklärung).
Schließlich negiert Prometheus in Goethes Prometheus-Gedicht nicht bloß Zeus als göttliche Instanz, sondern im Grunde den Mythos als solchen.
Die menschliche Freiheit scheint also letztlich nur durch diese Widersprüche hindurch zu erlangen zu sein.
(Meinen Kommentar habe ich gerade geschrieben ohne den vorigen schon bemerkt zu haben – aber dennoch reiht er sich – interessanterweise – ganz gut ein, wie ich sehe…)
Hallo Thomas,
das Böse als die Abwesenheit des Guten ist nach meinem dafürhalten eine äußerst problematische Definition. Im Falle eines Monotheismus, der einen guten Gott setzt, ist damit die Frage nach der Herkunft aller Übel nicht gelöst, denn aus Gutem kann nur Gutes hervorgehen, sonst wäre es ja kein Gutes, aber die Abwesenheit von Guten wäre in einem derartigen Monotheismus Nichts und das Nichts mit dem Übel gleichzusetzen erscheint mit gewagt, dafür ist es zu sehr ein Antagonist des Guten… also kurz: Dann gäbe es nichts Neutrales, sondern nur Gut und Böse, nichts dazwischen, keinen Pol der Ruhe. Die andere Idee, dass der monotheistische Gott alles ist, Gut wie Böse erscheint mir weitaus unproblematischer und insgesamt konsistenter. Ich bin wahrlich kein Experte für die Geistesbewegungen des Mittelalters, aber ich habe schon des öfteren aufgeschnappt, dass dies eine verbreitete Sichtweise war, wenngleich niemand laut proklamierte: Gott ist auch böse! …aber entweder ist Gott alles, denn Omnipotenz schließt auch die Potenz zum Bösen in sich, oder aber er ist es nicht. Aber ein Monotheismus ohne allmächtigen Gott? Würde an diesem Punkt nicht das ganze System beginnen zu erodieren?
Ich glaubte durchaus nicht, mit meinem Vorschlag (der nicht von mir stammt) das Theodiezee-Problem aus der Welt zu schaffen – es war eine Möglichkeit unter vielen, die zu diesem Thema in der abendländischen/christlichen Ideengeschichte beigetragen wurden.
Die Abwesenheit des Guten muss dennoch nicht notwenidgerweise das Nichts bedeuten, da der christliche Gott die Welt als etwas von sich Verschiedenes geschaffen hat. Dieser Gott könnte weiterhin als gut angenommen werden, wenn er nicht gleichbedeutend mit der Welt ist, in der das Böse/Übel existiert. Aber auch ich bin kein Fachmann in christlicher Dogmatik…
Dito, dito! Aber wenn wir im Rahmen elementarer Logik statt christlicher Dogmatik bleiben, dann fragt sich, ob aus Gutem etwas vom Guten verschiedenes hervorgehen kann, dass scheint nicht der Fall zu sein, denn würde Gutes Schlechtes hervorbringen, dann kann das Gute nicht uneingeschränkt als Gutes gelten, da es dann nur Gutes hervorbringen könnte und nicht Schlechtes.
Tatsächlich logisch betrachtet ergibt sich hier natürlich dieser Widerspruch. Allerdings kommt man bei einer mythischen Thematik (sowohl Prometheus als auch die christliche Schöpfungsgeschichte sind schließlich Mythen) mit formaler Logik nicht besonders weit – was wiederum nicht heißen soll, dass dieses im besten Sinne "unlogische" Denken nicht interessant wäre… Interessant ist auch, dass der sog. ontologische Gottesbewies letztlich auf logischen Prinzipien beruht…
Man könnte behaupten, die Einschränkung der Allmacht Gottes
liege in seinem moralischen Zwang zum Gutsein – er kann quasi nicht anders, könnte er, wäre er nicht gut. Welche Eigenschaft
ist jetzt göttlicher, Güte oder Allmacht? Meint ihr das?
Wenn Gott gut ist und alles Anwesende "verursacht", gibt es nur
Gutes, ok. Alles was dann NICHT ist (abwesend? Bedeutet das das
gleiche?) ist "böse"; denn wenn es nicht böse wäre, wäre es gut,
und damit anwesend :o) So ungefähr – oder ist das totaler Müll?
– Ich hab nämlich die Kurve nicht so ganz gekriegt von dem (notwendigen?) Schluss von einem guten Gott auf das Böse als Abwesenheit des Guten. Und wo ich jetzt hier lese, dass ihr Euch da im Bezug auf die Logik einig seid, wollte ich noch mal ganz genau nachfragen.
Die nächste Kurve kriege ich auch nicht:
Warum soll es dazwischen noch etwas geben müssen, etwas "Neutrales"? So dass das "Nichts" nicht böse sein muss? Seit wann ist das logisch? 🙂
Was die Einschränkung des "Bösen" betrifft, ist Leibniz soweit ich das verstanden habe, jedenfalls der Meinung, dass der menschlichen Horizontbedingtheit manches "böse" erscheint, was aber in einem grösseren, göttlichen Kontext eben nur ein Mittel zum Guten sei…oder so. Ich bin übrigens auch der Meinung, dass sich ein "Christ" ganz schön missverstanden fühlen würde…aber das macht ja nichts…
Gespannt auf geduldige Antworten- viele Grüße!
@Ann: Ich muss leider widersprechen, denn gerade bei einem Mythos braucht es einen gezielten und kritischen Zugang, wenn man ihm nicht rein affirmativ begegnen will. Ich denke hier gerade an jene, die aufbegehrten und sich nicht mehr mit Mythen als Welterklärung abfinden wollten. Ich habe gestern in einem anderen Zusammenhang eine schöne Kurzdefinition gelesen, die das m.E. verdeutlicht: "Unter Mythos ist die Redeweise über Dinge zu verstehen, die auf einer gegenüber dem eigenen Verstehen mißtrauisch bleibende Überprüfung des Gesagten verzichtet. Mythologisches Denken ist eine selbstzufriedene Weise der Rede, […] und sich deshalb an gleichgesinnte, verständnisvolle Hörer richtet." (1). Insofern kommt man mit Logik doch ein gutes Stück weit, denn man setzt sich mit dem Mythos kritisch auseinander und prüft ihn, auf seine Fähigkeit Antworten zu geben und konsistent zu sein. Dies ist nun einmal das Einzige was uns bleibt, wenn wir einen Mythos nicht einfach affirmativ und freundlich abnicken wollen. Insofern ist die Frage, mit was wir bei einem Mythos weiter kommen, wenn nicht mit seiner Prüfung, die Alternative ist dort stehenzubleiben, wo uns der Mythos hinführt.
(1) Platon: Sophistes. Hrsg. v. Ursula Wolf. Kommentar von Christian Iber. Frankfurt: Suhrkamp Verlag, 2007. S. 257
@Lotte: Genau das meinte ich, wobei daran dann die Fragen hängen, warum der Ursprung von allem eine Einschränkung hat (haben kann), etc. und damit das gesamte Theodizee Problem in die Welt kommt.
Was die Abwesenheit des Guten als Begründung für das Böse angeht, so weißt es, zumindest in meinen Augen, einige Probleme auf. Zuerst auf der sprachlichen Ebene, und während man diese noch verschmerzen kann, sind die Auswirkungen auch auf ontologischer Ebene in gleicher Weise sofort sichtbar. Ich möchte nur einmal ein paar einzelne Beispiele anführen, keineswegs wird es eine abgeschlossene Beweisführung, aber es scheint mir doch ausreichend den aporetischen Charakter der Annahme, das "böse" sei die Abwesentheit des Guten zu verdeutlichen:
Böse zu sein, ist eine Wertzuschreibung und kein Begriff, der eine Substanz betrifft. "Böse" ist ein Prädikat von etwas, also kommt es einem Sein zu, böse oder gut (oder neutral) zu sein. Das Nichts ist nicht, d.h. das Nichts kann nicht böse sein, denn dann wäre es nicht Nichts, sondern böse, es wäre ein böses Etwas. Wäre es ein böses Etwas, und damit mehr als Nichts, kann es seinen Ursprung nicht mehr in der Abwesenheit von Gutem haben, denn die Abwesenheit generiert nichts, sondern macht nur Raum für das Nichts (oder das Etwas, was sich hinbewegt) frei. Ist das Böse ein Etwas wird die Notwendigkeit einer Erklärung seiner Genese offenbar, was uns vor das Problem stellt, dass, sofern der gute Gott der Ursprung von allem ist, er das Böse aufgrund seines Gutseins nicht hervorgebracht haben kann, aber daraus folgt selbst, dass er folglich nicht der Ursprung von allem ist.
Aus dem Gesagten folgt indirekt auch die Antwort auf deine zweite Frage, sowohl, warum das neutrale die Mitte zwischen Gutem und Bösen bildet, als auch, wieso das Nichts nicht Böse sein kann.
Leibniz ist ein interessanter Einwurf (jenes kenne ich jetzt nicht, nur einen spontanen Gedanken dazu). Er rekurriert ja im Endeffekt auf ein "Gottes Wege sind unergründlich.". Eine legitime Sichtweise, und damit kann sich dann wenigstens auch jeder Mörder, Brandschatzer und Vergewaltiger als jemand fühlen, der das Werk Gottes und damit Gutes tut, auch wenn der Rest der Menschheit es durch seinen Horizont nicht sehen kann. Grotesk!
Dem kann ich nur zustimmen; es war auch keineswegs meine Absicht, für einen unkritischen Zugang zum Mythos zu plädieren. Ich wollte lediglich darauf aufmerksam machen, dass die Logik a l l e i n nicht unbedingt (weder hier noch anderswo) zu tiefen Erkenntnissen führt.
Was das Zitat angeht: ich kenne den Kontext nicht, aus dem es stammt, aber es scheint mir doch pessimistisch zu sein und eine gewisse Resignation auszudrücken (und sich damit auch irgendwie selbst zu widersprechen…). Ich denke hierbei vor allem an das Verhältnis von Mythos und Aufklärung im weitesten Sinne (nicht zuletzt an die "Dialektik der Aufklärung", ohne jetzt zu weit in die Materie einsteigen zu wollen).
Was meiner Ansicht nach im Hinblick auf den Mythos immer interessant ist, ist die psychologische Komponente, auch wenn dann immer die Gefahr des platten Psychologisierens besteht…
Gerade zum anderen Teil der Diskussion, also zum Theodizee-Problem bzw. zum christlichen Schöpfungsmythos habe ich gerade etwas aus psychologischer Sicht interessantes gelesen, nämlich die Einleitung zu Alice Millers Buch "Evas Erwachen": es geht dabei um die Frage, inwieweit wir alle das tatsächlich absolut unlogische Wissensverbot, den blinden Gehorsam und damit auch die uns verbotene Emanzipation verinnerlicht haben.
Nun, so viel zunächst dazu.
Hallo Ann,
ich denke, darauf können wir uns einigen. Ich muss dir natürlich zustimmen, dass der Mythos mannigfaltige Funktionen hat, die in dem Zitat unterschlagen werden und das liegt vermutlich am jeweiligen telos der Betrachtung.
Die einfache Prüfung eines Mythos, um ihn zu überkommen, oder von ihm zu lernen, interessiert sich nicht für den Mythos selbst, sondern seine jeweiligen Wissensinhalte. Die Begegnung mit dem Mythos ist rein funktional angelegt und damit im vorhinein verengt gegenüber einer ganzheitlichen Betrachtung des Phänomens.
hallo
ich bin im oberen Teil der Diskussion darauf gestoßen, dass das Gute als etwas verstanden wird, aus dem nur Gutes hervorgehen kann… diese Defintion hat mir zunächst eingeleuchtet.
Allerdings: Wenn "gut" sein bedeutet, dass "Gutes" hervorgebracht wird, was ist dann mit der Freiheit?
Ist die Freiheit nicht gerade auch die Möglichkeit böses zu tun/hervorzubringen?
das lässt für mich nur die drei Möglichkeiten offen:
a) unsere Definition von Gut hat einen Fehler (aber was ist denn das Gute, wenn nicht das was Gutes hervorbringt
b) die Freiheit ist als solches böse/schlecht
c) oder -was mir am wahrscheinlichsten erscheint – die Freiheit als solches ist weder gut noch schlecht…
Hat jetzt nicht unmittelbar mit dem Thema zu tun, aber ist ein interessanter Gedankengang
Hallo Jan,
ja, die Freiheit wird auch als Freiheit zum Bösen verstanden. Das von dir angesprochene Problem betrifft ja genau das, wir haben offensichtlich die Möglichkeit Böses zu tun, also sind wir nicht nur Gut, denn ansonsten könnten wir nicht böse handeln.
Das aus Gutem nur Gutes hervorgehen kann ist dann im Bereich elementarer Logik ein Erklärungsversuch um den Ursprung aller Dinge – sei es nun Gott oder nicht – nachzugehen und sich mit der Theodizee und überhaupt mit der Möglichkeit seiner Omnipotenz zu befassen (s.o.). Diese Sache, dass aus Gutem nur Gutes folgen kann, gehört also an eine andere Stelle der Diskussion.
Dennoch, kurz die Antworten auf Deine Punkte:
a) Erschreckender Weise haben wir das Gute in der Diskussion gar nicht definiert, sondern immer nur tautologisch behauptet Gut ist gut. damit haben wir nicht viel über das Gute ausgesagt, außer, dass das Gute es selbst ist.
b) Das erscheint mir in keiner Weise haltbar und an allen Ecken und Enden problembehaftet – besonders weil gut oder schlecht hier von uns als ein Prädikat verwendet wird, dass eine moralische Wertung ausdrückt. Wir sprechen allerdings normalerweise keinen Dingen moralische Wertungen zu.
c) Ja, dem würde ich zustimmen. Die absolute Freiheit ist die Freiheit zu allen Dingen. Aber wer die Freiheit hat böses zu tun, kann offensichtlich nicht nur Gut sein.
Punkt (c) ist dabei der Grund, der sich im Rahmen der Diskussion des Wesen des Ursprungs/Gottes herausgebildet hat.