Ist die Frage nach dem Sein sinnvoll?

Was ist es, wenn wir von einem Sein sprechen? Was ist das Sein?
Martin Heidegger setzt sich mit dieser Fragestellung in seinem Werk „Sein und Zeit“ auseinander, doch zuvor muss er sich drei grundlegenden Einwänden stellen, die die Sinnhaftigkeit einer solchen Frage bestreiten.
Der erste Einwand geht davon aus, dass Sein der allgemeinste aller Begriffe ist. Heidegger entgegnet, dass die Allgemeinheit von Sein nicht die der Gattung ist. Der Autor dieses Textes gilt als Teil der Gattung Mensch und diese als der Gattung der Säugetiere zugehörig, schließlich werden die Säugetiere zur Gattung der Lebewesen gezählt. Alle in diesen Gattungen zusammengefassten Lebewesen sind, aber was haben wir dadurch über das Sein erfahren? Nicht viel, führt Heidegger an, denn das Sein übersteige alle gattungsmäßige Allgemeinheit. Wenn das Sein der allgemeinste Begriff sei, dann ist er weder der klarste noch aller weiteren Erörterung unbedürftig, so Heidegger.

Der zweite Einwand sagt aus, dass das Sein wegen seiner Allgemeinheit undefinierbar sei, da es weder aus höheren Begriffen abgeleitet, noch durch niedere dargestellt werden könne. Dies ist jedoch für Martin Heidegger kein Argument, das die Frage nach dem Sein obsolet macht, sondern lediglich darauf verweist, dass Sein etwas anderes ist als Seiendes.
Der letzte Einwand führt das Sein als Selbstverständlichkeit ein, da jeder Mensch den Begriff beständig gebraucht, ohne über ihn Unverständnis zu empfinden. Diese sog. Verständlichkeit von Sein verweist für Heidegger nur auf seine eigentliche Unverständlichkeit. Wie verhält sich nun Sein zu Seiendem? Heidegger stimmt zwar zu, dass der Mensch in einem Seinsverständnis existiert, aber verweist darauf, dass der eigentliche Sinn von Sein im Dunkeln liege.
Er schließt die Widerlegung der Einwände mit der Feststellung, dass offensichtlich nicht nur die Antwort auf die Frage nach dem Sein verborgen sei, sondern ebenso die Frage selbst dunkel ist.
Was ist es nun, dieses Sein? Wer nun das große Dunkel hinter diesem so vermeintlich kleinem Wort ergründen möchte, dem empfiehlt sich Heidegger noch ein wenig tiefer in sein Werk zu folgen.

Heidegger, Martin. Sein und Zeit. 18. Auflage. Tübingen: Niemeyer Verlag, 2001. S. 3f.

Eine Antwort auf „Ist die Frage nach dem Sein sinnvoll?“

  1. Das reale Sein ist ja klar und braucht nicht diskutiert werden. Das wirkliche Sein ist dabei schon interessanter, da es durch seine Wirkung gegeben ist. Es ist somit schon unvergänglicher, solange es immer wieder aufgegriffen wird, z.B. in historischen Dokumenten oder Jahrestagen, etc.
    Geht man jedoch über zum allgemeinen Sein, das also mehr zu sein scheint als die beiden vorherigen Einschränkungen, so stößt man auf das finstere Loch, das sich jedem offenbaren muss, der nicht gerade erleuchtet ist.
    Ich für meinen Teil stelle mir immer von Zeit zu Zeit die Frage nach dem Sein, die ich gerne mit dem Sinn verbinde, obschon dies noch eine Stufe weiter wäre. Das Sein definiere ich daher inzwischen hauptsächlich üner das Wirken, das sehr vielschichtig geschieht. Die Frage, die sich mir dabei offenbart ist, ob es einen Aspekt des Seins gibt, der über die Wirklichkeit hinausgeht. Das Problem bei solchen "Gedankenspielen" ist, dass sie beliebig vollzogen werden können, da das Sein von jedem anders wahrgenommen wird. Eine Gemeinsamkeit wäre daher nötig, um einen Schritt weiter zu kommen. Doch betrachtet man nun die verschiedenen Religionen, die auch alle einen gewissen Anspruch auf das Sein erheben, dann fällt einem bereits hier die Vielschichtigkeit auf. Letzten Endes muss also jeder alleine dieses "große Dunkel" durchleuchten, um "sein" eigenes "Sein" zu begreifen.

    Gedanken zum Sein sind mir stets präsent – zum Glück oder Unglück – das vermag ich nicht zu erkennen.

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